ARCHIV FÜR AUTOBAHN- UND STRASSENGESCHICHTE

Asphalt, Beton & Stein | Brücken & Tunnel

BAB A67: Die erste Wegüberführung aus Stahlblech über die (Reichs-)Autobahn
– und ihre von der Öffentlichkeit unbemerkte Erneuerung 2013/14

Die heutige A 67 Darmstadt – Viernheimer Dreieck gehört zu den ältesten Autobahnen in Deutschland. Die Strecke wurde am 3. Oktober 1935 dem Verkehr übergeben – knapp fünf Monate nach der Eröffnung der ersten Teilstrecke Frankfurt/M. – Darmstadt. Bei der Neukilometrierung 1939 wurde sie mit Betriebs-Kilometern 520.424 bis 574.014 gekennzeichnet.

Zustand bis September 2013
Der sehr stark befahrene Abschnitt zwischen dem Darmstädter Kreuz und der Anschlussstelle Lorsch ist derzeit noch nicht auf sechs Fahrstreifen ausgebaut. Deshalb hatten sich dort zwei Überreste aus der Ursprungszeit des Autobahnbaus erhalten: Bei km 34,0 eine Trogbrücke aus armiertem Beton (siehe dazu den Beitrag „BAB A67: Die älteste Brücke ihrer Art — wie lange noch?“ auf dieser Website) und bei km 36,0 eine der ältesten Autobahnüberführungen in Stahlkonstruktion, erbaut 1934 (Bauwerksnummer 6217688). Womöglich handelte es sich um die erste Stahlbrücke überhaupt, die nicht für Eisenbahnzwecke, sondern für einen Wirtschaftsweg über die Autobahn errichtet wurde.

Die gerade, 2-feldrige Stahlbrücke mit einer Gesamtlänge von rund 32 Metern, flach gegründeten Widerlagern und Mittelstützen befand sich bei Gut Neuhof (Gemeinde Gernsheim/Allmendfeld). Die Tragfähigkeit war auf 16 t begrenzt. Das Bauwerk diente seit 1935 dem landwirtschaftlichen Verkehr zwischen dem westlich gelegenen Johanneshof und dem östlichen Neuhof. Der Volksmund nannte die Überführung, die nicht unter Denkmalschutz stand, wegen ihrer Schlichtheit „die Wippe“.

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Bild 1: Blick von der „Wippe“ auf die A 67 in Fahrtrichtung Nord
(Foto © Wolfgang Roth, Eschollbrücken, 2009)

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Bild 2: Blick von Westen auf den landwirtschaftlichen Weg über die „Wippe“ in Richtung Odenwald
(Foto © Wolfgang Roth, Eschollbrücken, 2009)

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Bild 3: Die Stahlbrücke über die A67 bei Gut Neuhof, Fahrtrichtung Süd.
© Reiner Ruppmann, Juli 2013

Unfall im Frühjahr 2013
Im Frühjahr 2013 schob ein in Richtung Mannheim fahrender LKW mit seinem zu hohen Aufbau die Brücke von den Rollenlagern. Dadurch wurde die Betonwandung des westlichen Widerlagers zerstört (siehe Bilder 4 und 5). Die zuständige Straßen- und Autobahnmeisterei Darmstadt hob die Brücke wieder in die ursprüngliche Position, um sie weiterhin für den landwirtschaftlichen Verkehr nutzbar zu halten. Die Überführung war aber insgesamt in einem so schlechten Allgemeinzustand, dass sie in absehbarer Zeit abgerissen werden sollte. (Ein gleichees Schicksal erwartete die oben genannte, Beton-Trogbrücke zwei Kilometer weiter nördlich, die 2012 ebenfalls von den Aufbauten eines LKW beschädigt worden war.)

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Bild 4: Gesamtansicht der Stahlbrücke über die A67 bei Gut Neuhof, Blick in Fahrtrichtung Nord.
© Reiner Ruppmann, Juli 2013

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Bild 5: Ausschnitt der Stahlbrücke über die A67 bei Gut Neuhof, Blick in Fahrtrichtung Nord.
© Reiner Ruppmann, Juli 2013

Gut zu erkennen war die Beschädigung des westlichen Widerlagers auf der linken Seite der beiden Fotos.

Wie bei der Beton-Trogbrücke bei km 34,0 wurden auch hier vor Jahren die Beton-Mittelstützen durch nachträglich errichtete, massive Poller vor eventuellen Beschädigungen durch aufprallende Fahrzeuge geschützt.

Abriss und Erneuerung in aller Stille
Am 10. September 2013 versandte die zuständige Stelle von Hessen Mobil folgende, weitgehend unbeachtete Pressemitteilung:

„Seit Dienstag, den 10. September, laufen die Vorbereitungen zur Einrichtung einer neuen Baustelle im Zuge der Autobahn A 67 bei Gernsheim. Am kommenden Samstag, den 14. September, beginnt Hessen Mobil mit den Bauarbeiten zur Erneuerung eines Brückenbauwerkes über die Autobahn A 67 bei Gernsheim / Allmendfeld. Die Bauarbeiten, die bis voraussichtlich Ende Dezember 2013 andauern, werden größtenteils unter Aufrechterhaltung aller Fahrstreifen der A 67 durchgeführt. Für den Abbruch der alten Brücke ist allerdings vom 14.09. auf den 15.09.2013 zwischen 21:30 und 7:30 Uhr eine Vollsperrung der A 67 erforderlich. Um die Verkehrsbeeinträchtigungen zu reduzieren und den Messeverkehr zur IAA in Frankfurt nicht zu beeinträchtigen, finden die Bauarbeiten in der Nacht statt, sodass der Verkehr morgens wieder fließen kann.
 
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Die Mittelstützen werden im Rahmen der Bauarbeiten abgebrochen. Die Widerlager bleiben bestehen und erhalten eine neue Auflagerbank. Bei der geplanten neuen Brücke kommt eine Einfeldbrücke in Stahlbauweise zur Anwendung.
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Die Baukosten der gesamten Maßnahme betragen rund 1,2 Millionen Euro.“

Der Brückenabriss begann am 14. September 2013; die Bauarbeiten waren erst im August 2014 endgültig abgeschlossen. Eine förmliche Einweihung des neuen Überbaus unterblieb. Aufgrund guter Kontakte kann das ‚Archiv für Autobahn- und Straßengeschichte’ dennoch Fotos vom Abriss und vom Ersatzneubau zeigen. Unser Dank gilt der zuständigen Pressestelle von Hessen Mobil, Dezernat BAB Süd.

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Bild 6: Nördliche Ansicht der Stahlbrücke beim Abriss
(Foto © Hessen Mobil 2013)

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Bild 7: Südliche Ansicht der Brücke beim Abriss
(Foto © Hessen Mobil 2013)

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Bild 8: Einen Tag später stehen nur noch die alten Widerlager und die Mittelstützen mit den Prellsäulen
(Foto © Hessen Mobil 2013)

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Bild 9: Die Reste der Tragkonstruktion aus Stahlblech warten an der Autobahnseite auf den Abtransport
(Foto © Hessen Mobil 2013)

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Bild 10: Der Ersatzneubau ähnelt der abgerissenen Brücke von 1935, kommt aber ohne Mittelstützen aus.
Die neue Tragkonstruktion wurde auf die ursprünglichen, jedoch renovierten Widerlager aufgelegt.
(Foto © Hessen Mobil 2013)

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Bild 11: Aktuelle Ansicht des Ersatzneubaus nach der Fertigstellung (Blick in Fahrtrichtung Süd). Die allgegenwärtigen Sprayer haben sofort eine der neu betonierten Seitenwangen des Widerlagers mit Graffiti ‚verschönert’. (Foto © Wolfgang Roth, 28.01.2016)

© Reiner Ruppmann, Bad Homburg, Juli 2015/Januar 2016

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