Kein Abzweig des Berliner Rings hat eine solche Wandlung hinsichtlich Form und Aufgabe erfahren, wie das ehemalige Lausitzer Dreieck. In der ersten Variante des Ringes war es noch gar nicht vorgesehen, da die Strecke nach Breslau von der Strecke 58 Berliner Ring - Frankfurt/Oder abzweigen sollte. Der Abzweig sollte wahrscheinlich, zumindest legt dies eine Betrachtung des Streckenverlaufs nahe, ungefähr beim Kilometer 5 der heutigen BAB A12 erfolgen. Der 1937 im Volk und Reich Verlag Berlin anlässlich der Umwandlung der Gezuvor in die "Gesellschaft für Raumordnung" erschienene Bericht "Die Planungsarbeiten für die Reichsautobahnen - Zweieinhalb Jahre Gezuvor" zeigt auf der Karte S. 55 den Abzweig nach Breslau in der leichten, aber für einen Abzweig markanten Kurve, in welcher heute die Tafel des A12-Streckenkilometers 5 steht. Der Abzweig der Dresdener Strecke vom Berliner Ring entsprach bereits in den Planungen der Gezuvor dem Punkt, an welchem er auch später, gemeinsam mit der Breslauer Strecke, gebaut wurde. Überlegungen, die Dresdener und die Leipziger Strecke bis an die Elbe bei Pretsch gemeinsam verlaufen zu lassen, waren schon frühzeitig aufgegeben worden (a.a.O. S. 58). Im Frühjahr 1936 erfolgte eine Änderung der Planungen, die letztendlich auch ausgeführt wurden. Der separate Breslauer Abzweig wurde aufgegeben und erfolgte nunmehr von der Dresdener Strecke westlich von Lübbenau. Neben Kostengründen könnten dabei auch solche wie die noch vermuteten und in Zukunft aufzuschließenden Braunkohlenvorkommen des Lausitzer Gebietes bis an die Strecke 58 heran und die schwierigen Geländeverhältnisse des Gebietes, welches ursprünglich von der Breslauer Strecke gequert worden wäre, eine Rolle gespielt haben. Gerade in geologischer Hinsicht wartet das Gebiet zwischen Oder/Neiße und Spree mit einer Vielzahl eiszeitlich bedingter Schmelzwasserrinnen, ausgefüllt mit ausgedehnten Seen- und Moorflächen, auf. | |
Nebenstehende Abbildung aus: H. Ewald: "Bauausführungen im Berliner Bereich der Reichsautobahnen", VDI-Zeitschrift Bd. 22, H. 51 17.12.1938, S. 1452, zeigt das Lausitzer Dreieck mit Kurvenradien von 300 m. Obwohl die Kurve der Fahrtrichtung Ostring - Breslau als weniger vom Verkehr tangiert eingeschätzt wurde, hat sie einen Radius von 170 m. Gleichartige Kurven in den anderen Dreiecken des Berliner Ringes dagegen haben nur einen Radius von 50 m. Während beim Radius von 50 m Kurverüberhögungen (Querneigungen der Fahrbahn) von über 8 Grad eingebaut wurden, meinte man, beim Lausitzer Dreieck mit einer Steilkurve von 8 Grad auskommen zu können. Das Lausitzer Dreieck blieb in seiner Gestaltung bis Ende der 1950er Jahre erhalten. Erst mit der Abriegelung des Gebietes Berlin (West) vom Berliner Ostteil bzw. vom Gebiet der DDR ("Berliner Mauer") am 13. August 1961 ergab sich die Notwendigkeit, einen südöstlichen Zugang vom Berliner Südring aus nach Ostberlin hinein zu schaffen. Gleichzeitig wurde der Flughafen Schönefeld, unmittelbar am Stadtrand von Berlin befindlich, zum Zentralflughafen der DDR ausgebaut und dieser Ausbau wiederum erforderte nun eine schnelle Straßenverbindung zum Berliner Ring. So war es nur logisch, die von Dresden her auf den Berliner Ring stoßende Autobahn über das Lausitzer Dreieck hinaus zu führen und bis zum Stadtrand von Berlin-Treptow zu verlängern. Dort bot sich die Möglichkeit, die Baufreiheit im Bereich der Straße Adlergestell für einen zügigen Anschluss des Berliner Zentrums zu nutzen. |
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Die Abbildung zeigt das Schönefelder Kreuz, wie es bis zur Umgestaltung nach 1990 bestand. Gut erkennbar sind die in der obigen Skizze gezeichneten Kurven mit dem Radius von 300 m. Der beim Umbau vom Autobahndreieck zum Autobahnkreuz erforderlich gewordene Ast für die Zufahrt von Osten her in das Berliner Stadtgebiet ist mit einer Geraden zwischen den an die Fahrbahnen anschließenden kleineren Kurven gebaut worden.
Die im Bildvordergrund zu beiden Seiten des Autobahndammes befindlichen kleinen rechteckigen Felder sind Reste des ehemals das ganze Stadtgebiet von Berlin umspannenden Ringes von Rieselfeldern zurr Abwasserentsorgung. Eine interessante Zeichnung ist die abgebildete aus dem Jahre 1974 (Norden ist links). Das Schönefelder Kreuz im Maßstab 1:10000. Gut erkennbar sind die vom Lausitzer Dreieck übernommenen Kurven und Äste. Sie unterscheiden sich deutlich gegenüber den Kurven von der südlichen Fahrbahn des Berliner Rings auf die östliche des Berliner Zubringers (interne DDR-Autobahnnummer A13) und von der westlichen Fahrbahn aus Richtung Berlin auf die südliche des Berliner Ringes in Richtung Dreieck Spreeau (interne DDR-Autobahnnummer A1).
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Das folgende Foto von H.-W. Schmidt, Berlin aus dem Jahre 1992 zeigt einen Blick von Süd nach Nord (am Horizont das Stadtgebiet von Berlin). Die BAB A13 endet am Schönefelder Kreuz. Dort, auf dem Kreuzungsbauwerk, beginnt die Bundesautobahn A113. Diese führt heute den Kraftverkehr über das Dreieck Waltersdorf (Beginn der BAB A117 bis Berlin-Treptow) zum Dreieck Neukölln an den Berliner Innenstadtring BAB A100. Aus Sicht der DDR-Machtorgane wichtige Punkte des DDR-Verkehrsnetzes waren mit Einrichtungen verschiedener Art zur Überwachung des Verkehrs versehen. Am Schönefelder Kreuz stand der im Bild deutlich sichtbare Turm, von welchem aus ein Teil der das Autobahnkreuz bildenden Strecken überblickt werden konnte. |
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Mit dem Fall der Mauer und der Wiederherstellung der territorialen Einheit in Deutschland waren Bauwerke wie der oben abgebildete Turm überflüssig und wurden ebenso wie die Grenzsperranlagen beseitigt. |
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In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre wurde das Schönefelder Kreuz den Verkehrsflüssen des 21. Jahrhunderts angepasst und im Jahre 2000 in Betrieb genommen. Sogenannte "Überflieger" ermöglichen die Querung der geradeaus führenden Richtungsfahrbahnen, ohne das die Geschwindigkeit merklich herabgesetzt werden muss. Das Einfädeln auf die nach links führende Richtung wird durch die lange Ausführung der Äste im Anschluss an die "Überflieger" erreicht. Lediglich die Zufahrt aus Richtung Berlin auf die Richtungsfahrbahn Ostring/Frankfurt (O) hat ihren kleinen Radius behalten und fordert zur Verminderung der Geschwindigkeit auf 40 km/h auf. Die Luftaufnahme (Norden ist rechts oben) zeigt das Schönefelder Kreuz aus südwestlicher Richtung. Quelle der Fotos: Sammlung H.-W. Schmidt, Berlin, 2008 |
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Text: H. Schneider, Siehdichum 2011
unter Mitwirkung von H.-W. Schmidt, Berlin |
Schrifttum
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