Einleitung
Die meisten Karten des mitteldeutschen Raumes mit bereits zum Verkehr freigegebenen bzw. erst begonnenen Reichsautobahn-Strecken zeigen im Bereich der nördlichen Umfahrung von Eisenach lediglich die Markierung für eine "im Bau" befindliche Trasse. Das ist nicht verwunderlich: Gehört doch das Gebiet zwischen Sättelstädt östlich der Hörselberge und Hersfeld mit seinen engen Tälern und steilen Bergrücken zu einem der Bereiche im entstehende Autobahnnetz, der die Planer, Ingenieure und letztendlich die Autobahnarbeiter vor besondere Aufgaben stellte. Manchmal, wie westlich des Kleinen Hörselberges, waren es nur kleine Täler, die es aber doch zu überbrücken galt. Selbst der genaue Steckenverlauf nördlich von Eisenach war wohl lange Zeit unklar. Einige Karten zeigen die künftige Strecke 85 von Bamberg kommend und durch das Werratal führend nur bis östlich von Eisenach, wo sie bei Wutha in die heutige BAB A4 Kirchheim - Eisenach einbinden sollte. In den Plänen des Arbeitsberichts "Die Planungsarbeiten für die Reichsautobahnen" der GEZUVOR von 1937 ist die Strecke jedoch über die West-Ost-Strecke hinaus vorgesehen. Die Kirchtalbrücke
Eines dieser kleinen Täler die mit einer Brücke überquert werden sollten, war das Kirchtal unmittelbar am nördlichen Rand der Gemeinde Wutha. Manche Karten skizzieren an der Stelle ein künftiges Autobahndreieck als Abzweig der Strecke 85 nach Süden. Die wenigen fotografischen Aufnahmen, die sich bis heute erhalten haben, zeigen ein Widerlager und zwei im Bau befindliche Pfeiler. Es gibt Meinungen (B017474, Sn. 9 u. 11), das wären erste Bauwerke für den Abzweig gewesen. Bei einer Vor-Ort-Betrachtung des in Frage kommende Gebiets wird man schnell feststellen, dass es für ein Dreieck völlig ungeeignet gewesen wäre. Bei den genannten Aufnahmen handelt es sich eindeutig um das begonnene Brückenbauwerk über das Kirchtal. Auch aus einem Artikel in der Eisenacher Gauzeitung geht dies hervor (Ausgabetag u.w. Angaben liegen nicht vor). Dort heißt es an einer Stelle:
Abb. 1: Die künftige Brücke über das Kirchtal. Ein Zeitungsartikel von 1939, eine beigefügte Zeichnung ist mit "Hempe 1939" signiert, beschreibt die Probleme beim Bau der Kirchtalbrücke folgender Maßen:
Abb. 2: Verlauf der Strecke von der Querung der B7 bis nach Kälberfeld westl. von Sättelstädt. Quelle: Wanderkarte Umgebung von Eisenach, VEB TOURIST Verlag, DDR, 2. Auflage 1977
Bauarbeiten nördlich von Eisenach und WuthaDie "Thüringer Gauzeitung" berichtete in der Zeit, als das Baugeschehen im Eisenacher Gebiet in vollem Gange war, in sehr ausführlichen, reich bebilderten Artikeln. Ihnen ist auch zu entnehmen, dass der Baufortschritt im Wesentlichen von West nach Ost erfolgte. 18 Autobahnlager beherbergten die große Menge an Arbeitskräften. Spuren der Lager sind heute nicht mehr zu finden. Der Trenkelhof ist ein Guts-Gehöft in der heute kreisfreien Stadt Eisenach im Freistaat Thüringen. Welche Immobilien in den 1930er Jahren für das Autobahnlager genutzt wurden, ist dem Autor nicht bekannt. Am Ende der Ära des Reichsautobahnbaues, 1943, blieb der Übergang von Hessen in das Thüringer Bergland unvollendet. Bei vielen Brücken fehlte die zweite Richtungsfahrbahn ganz oder es waren lediglich einige Pfeiler fertig gestellt. Die Brücke über das Kirchtal mit dem westlichen Widerlager und den zwei unfertigen Pfeilern gehörte dazu. Um wenigstens mit einem provisorischen Lückenschluss die duchgehende Fahrt zwischen den von Osten bis zum Kleinen Hörselberg und von Westen bis an die Kreuzung mit der Langensalzaer Straße fertigen Trassenteilen zu sichern, wurde das Kirchtal in einem weiten Bogen umgangen. Das Autobahnlager Trenkelhof lag unmittelbar an dieser Umgehung und gab seither dem Streckenstück seinen Namen: "Umfahrung Trenkelhof". Quellen einiger Angaben und ZitateDie im Archiv verwahrten Zeitungsberichte stammen nach ihrem Inhalt aus den Jahren 1938 und 1939, wobei genauere Angaben zum Erscheinungstag und dem Presseorgan nur in wenigen Fällen bekannt sind. In den Artikeln wird stets begeistert davon berichtet, dass im Jahre 1939 die Reichsautobahn zwischen Gotha und Hersfeld durchgehend befahrbar sein wird. Wahrscheinlich ging man zu Beginn des Jahres 1938 noch davon aus, dass der Abzweig der Strecke 85 nach Nürnberg mit einem Autobahndreieck erfolgt. Dies deuten jedenfalls folgende Zeilen an:
In einem später erschienenen Zeitungsartikel dagegen wird bereits anderes ausgeführt:
Im Werk von Paul Hafen "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen" von 1956 findet sich leider kein Literaturhinweis zum Autobahnbau bei Eisenach. Gründe dafür könnten sein, dass die Bautätigkeit erst sehr spät, ab Anfang 1938 begonnen worden war, die Zeitschrift "Die STRASSE" nicht über spektakuläre Bauwerke berichten konnte und auch Erfolgsmeldungen ausblieben, sowie zunehmend der kommende Krieg spürbar war. Dies zeigt sich auch bei den in der Presse abgebildeten Brückenbauwerken: Während anfangs noch jedes große Bauwerk mit Namen und Örtlichkeit beschrieben worden war, gab es ab dem Jahr vor Beginn des Zweiten Weltkriegs nur noch solche Bildunterschriften wie "Brücke über ein Tal" und ähnliche. Gleichwohl hat Hafen in seiner Kartenskizze Nr. 17 Kirchheim-Eisenach-Hermsdorf das "Eisenacher Kreuz" eingezeichnet. Die Karte reicht vom Kirchheimer Dreieck bis zum Hermsdorfer Kreuz. Im sog. Eisenacher Kreuz quert die Autobahn Bamberg - Nordhausen. Abb. 3: Das Eisenacher Kreuz, welches nordöstlich des Trenkelhofs gebaut werden sollte. Erste Arbeiten am Planum waren lt. Zeitungsberichten von 1939 bereits erfolgt." Quelle: Hafen, P.: Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen, 1956, Kartenanhang, Nr. 17 In seinem Buch "Reichsautobahnen in Mitteldeutschland" 1 zeigt der Autor Bertram Kurze auf Seite 67 den Auszug eines Streckenplanes. Er enthält die vorgesehene Strecke vom Autobahnkreuz Wutha nach Norden vom 10. Februar 1939. In seinen Ausführungen auf der selben Seite, aber auch an anderen Stellen des Buches geht der Autor auf diesen Streckenverlauf weiter ein. 1 Signatur B017354 im Archiv für Autobahn- und Straßengeschichte. Das Provisorium "Trenkelhof Umfahrung"In der Thüringer Gauzeitung vom 26. Juni 1939 wird berichtet:
Abb. 4: Blick über den Trenkelhof zur ehemaligen A4, heute als nördliche Ortsumfahrung Eisenach genutzt. Im Bereich der durch den Zoomfaktor der Aufnahme recht eng erscheinenden Links-Kurve befindet sich heute die Ausfahrt 40a "Eisenach-Ost". © Foto: H. Schneider, 11/2015 Die folgenden Aufnahmen zeigen Abzweig und Verlauf der Umgehung Trenkelhof von der ursprünglich vorgesehenen Trasse. Abb. 5: Links die ehemalige Autobahn, von Gotha kommend, im Bereich des Parkplatzes Kleiner Hörselberg (rechts). Am Rand des Parkplatzes gibt es eine Informationstafel über die Rekultivierungsarbeiten auf der ehemaligen Trasse. © Foto: H. Schneider, 11/2015
Abb. 6: Ca. 100 m nach dem westlichen Ende des Parkplatzes zweigt die Umgehung Trenkelhof von der ursprünglich vorgesehenen und ab 1982 von der DDR auch zur Vollendung der Strecke genutzten Trasse ab. © Foto: H. Schneider, 11/2015
Abb. 7: Die Natur holt sich seit 2006 zurück, was ihr einst mit dem Bau der Umgehung genommen worden war. 2006 wurde die Umgehung Trenkelhof entsiegelt und nachfolgend rekultiviert. © Foto: H. Schneider, 11/2015
Abb. 8: Am Ende des Kirchtales unterquert ein Wirtschaftsweg die Umgehungsstrecke. Das kleine Brückenbauwerk wurde nach Umlegung der Autobahn auf die neue Trasse wieder zurückgebaut. An der Querungsstelle informieren zwei Tafeln über die ehemalige Umfahrung und die Rekultivierung. © Foto: H. Schneider, 11/2015
Abriegelung des KirchtalesDas Kirchtal sollte, wie oben ausgeführt, mit einer Brücke überwunden werden, von der sich das westliche Widerlager und zwei Pfeiler in Bau befanden. Anstatt die Brücke fertig zu bauen, erfolgte Mitte der 1970er Jahre der Bau eines Dammes für die zu vollendende Autobahn. Abb. 9: Die "Umfahrung Trenkelhof": Der rote Kreis markiert das Gebiet des Kirchtales. Quelle: Wanderkarte Umgebung von Eisenach, VEB TOURIST Verlag, DDR, 2. Auflage 1977
Abb.10: Blick in das Kirchtal von Norden auf den Mitte der 1970er Jahre aufgeschütteten Damm. © Foto: H. Schneider, 11/2015
Abb. 11: Ein weiterer Blick auf den Damm zur Abriegelung des Kirchtales. Im Hintergrund der Thüringer Wald mit dem Bereich des Inselsberges. © Foto: H. Schneider, 11/2015
Abb. 12: Der Bereich des Kirchtaldammes. Der Hang am rechten Bildrand geht, zunehmend steiler werdend, in die Ortslage Wutha über. Für die Errichtung eines Autobahndreiecks ein offensichtlich ungünstiges Gelände. © Foto: H. Schneider, 11/2015
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