ARCHIV FÜR AUTOBAHN- UND STRASSENGESCHICHTE

Asphalt, Beton & Stein | Autobahnen & Fernstraßen

Die Vogtlandlinie (II): Geschichte und Gegenwart der Strecke und ausgewählter Bauwerke
 
Einleitung

Es entspricht der Arbeitsweise unseres Archivs, gemeinsam mit Gastautoren in fachlich fundierten, verständlichen Beiträgen die Ergebnisse ehrenamtlicher Arbeit zu publizieren und im Internet zugänglich zu machen. Nachfolgende Webseiten sind das Ergebnis freundschaftlicher Zusammenarbeit mit Diplomingenieur Werner Buhl und basieren auf seinem Vortrag "Faszination Autobahn - Faszination Autobahnbrückenbau: 85 Jahre Vogtlandautobahn". Im Weiteren stützen sich Texte und Abbildungen auf Schrifttum mit Aufsätzen zum Reichsautobahnbau wie die Zeitschrift "DIE STRASSE" u.a. sowie auf Paul Hafens umfangreiches Werk "Das Schrifttum über die deutschen Autobahnen". Die Geschichte der Vogtlandautobahn ist Gegenstand einer Veröffentlichung des Bundesministeriums für Verkehr in Zusammenarbeit mit Behörden der Freistaaten Sachen und Bayern "Bundesautobahn A72 Hof - Chemnitz" anlässlich der Erneuerung und Vollendung der heute BAB A4 genannten Strecke. Eine solide, akribische Arbeit veröffentlichte Gero Fehlhauer mit seiner Monografie "Die Geschichte der Reichsautobahn Chemnitz - Hof". Erwähnt sei an dieser Stelle auch der mehrseitige Teil "Reichsautobahn Chemnitz-Hof, Strecken-Nr. 84, ursprünglich Nr. 13" von Bertram Kurze in seinem Buch "Reichsautobahnen in Mitteldeutschland".

Bild 0-1
Bild 0-1:Grundnetz der Reichsautobahnen mit Stand der Bauarbeiten Mitte September 1934

Schon nach der Verkündung der Reichsregierung auf der Automobilausstellung im Februar 1933, ein Netz moderner Kraftfahrstraßen bauen zu wollen, wurde ein Grundnetz für den Bau von Reichsautobahnen vorgestellt, welches folgende Linien enthielt: [0-1]
 
2 Nord-Süd-Linien:

  • Lübeck - Hamburg - Hannover - Kassel Frankfurt a.M. - Karlsruhe,
  • Königsberg - Stettin - Berlin - Leipzig - Nürnberg - München.

3 Ost-West-Linien:

  • Karlsruhe - Stuttgart - Ulm - München - Salzburg,
  • Kassel - Erfurt - Dresden - Breslau,
  • Ruhrgebiet - Hannover - Berlin - Frankfurt a.d.O.

3 Diagonalen

  • Emmerich - Duisburg - Köln - Frankfurt a.M. - Passau,
  • Hamburg - Berlin - Breslau - Gleiwitz - Beuthen,
  • Aachen - Köln - Dortmund - Bremen - Hamburg.

Neben diesen, das Gebiet des Deutschen Reiches in seinen Grenzen von 1933 umfassenden Strecken, waren eine Reihe von Zwischenstrecken vorgesehen. Sie sollten das Grundnetz verdichten, wichtige Verbindungen herstellen und damit das Einzugsbegiet der Hauptlinien vergrößern. Hierbei galt es insbesondere, Schwerpunkte der Industrie zu erschließen:

  • Dresden - Berlin
  • Chemnitz - Hof
  • Göttingen - Eisenach - Nürnberg
  • Stuttgart - Nürnberg
sowie weitere.

Die in internen Dokumenten als Strecke 84 geführte Verbindung zwischen den Strecken 83 bei Chemnitz und 67 bei Hof hatte Bedeutung, weil sie sowohl die wichtigen schlesischen und sächsischen Wirtschaftszentren mit denen des bayerischen Raums verband und dabei die des Vogtlandes einschloss. Bereits auf der am 11. Januar 1927 in Leipzig stattgefundenen Autofernstraßen-Tagung spielte die Erschließung der Industriegebiete südlich um Chemnitz, Zwickau, Reichenbach und Plauen eine besondere Erwähnung [0-2],

Bild 0-2
Bild 0-2: Reichsautobahnen, Stand 1. April 1937 (Ausschnitt)

Die Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen (GEZUVOR) schreibt in ihrem Abschlussbereicht 1937:

"Nach dem Grundnetz fehlte ein guter Anschluß des Industriegebietes zwischen Chemnitz und Plauen einerseits nach Süddeutschland, andererseits nach Dresden und Schlesien. Diese Anschlüsse und damit die Durchgangsverbindung von Süddeuschland nach Dresden und Schlesien werden durch die Eckverbindung Chemnitz-Plauen-Hof geschaffen. Die Sektion hat diese Linie im Vorprojekt bearbeitet und vorgelegt." [0-3]

Nachfolgende Tabelle nennt wichtige Ereignisse im Zusammenhang mit dem Bau der Strecke 84:

Einrichtung der Obersten Bauleitung Reichsautobahnen (OBR) Dresden18.12.1933
Einrichtung der Bauabteilung Reichsautobahnen (BAR) Chemnitz16.03 1934
Baufreigabe der Teilstrecke AS Pirk - AS TreuenSommer 1934

Einrichtung der Bauabteilung Reichsautobahnen (BAR) Plauen01.02.1935
Einrichtung der Bauabteilung Reichsautobahnen (BAR) Hartenstein01.03.1935
Baufreigabe der Teilstrecke AS Zwickau-West - AS AD ChemnitzMärz 1935

Erster Spatenstich im Los 1 der Teilstrecke Thoßfell - Pirk17.04.1935
Baufreigabe der Teilstrecke AD Bayerisches Vogtland - AS PirkMärz 1936
Einrichtung der Bauabteilung Reichsautobahnen (BAR) Zwickau01.03.1937
Verkehrsfreigabe der Teilstrecke Treuen - Pirk03.06.1938

Verkehrsfreigabe der Teilstrecke Zwickau-West - Treuen04.12.1938
Verkehrsfreigabe der Teilstrecke von der AS Stollberg bis zum AD Chemnitz15.08.1939
Baubeginn für den Neubau der Saalebrücke bei Saalenstein01.10.1939
Verkehrsfreigabe der Teilstrecke zwischen den AS Hof/Töpen und KleinzöbernApril 1940

Einstellung der Bauarbeiten an der Elstertalbrücke Pirk06.05.1940
Verkehrsfreigabe der Teilstrecke von der AS Heroldsgrün bis zur AS Hof/TöpenSeptember 1940
Endgültige Einstellung aller Bauarbeiten an der Elstertalbrücke bei Pirk.31.08.1942

Die Gründe, warum mit den Bauarbeiten an einer Strecke früher, an anderen später begonnen wurden waren vielfältig. Der Grundsatz für den Beginn von Bauarbeiten war jedoch propagandistischer Art: Nach Außen hin sollte mit dem Reichsautobahnbau sein wichtiger Platz im Programm zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit demonstriert werden. Für den bereits am 17. April 1935 vorgenommenen erste Spatenstich zum Bau der Strecke 84 war bestimmend, dass regionale Funktionsträger wegen der hohen Arbeitslosigkeit im Vogtland dies forderten und der propagandistische Effekt entsprechend groß erschien.

Bild 0-3
Bild 0-3: Reichsautobahnen, Stand 1. April 1937 (Ausschnitt)

Von den Zwischenstrecken waren 1943, zum Zeitpunkt der Einstellung aller Arbeiten an den Reichsautobahnen, nur die Verbindungen Berlin - Dresden und Chemnitz - Hof, mit teilweisen Einschränkungen, befahrbar. Im Verlauf des überwiegenden Teils der Strecke 84 Chemnitz - Hof war nur eine Richtungsfahrbahn fertiggestellt und auch die Brücke über die Elster nahe der Ortschaft Pirk und das AD Bayerisches Vogtland waren unfertig und musste umfahren werden.

Das Grundnetz erfuhr seit dem Beginn der Bauarbeiten und mit anfangs 1000 Kilometer neue Reichsautobahnen pro Jahr eine ständige Erweiterung. Dies insbesondere, seit der im Zuge der Expansionspolitik vorgenommenen "Wiedervereinigung" Österreichs mit dem sog. "Altreich" im März 1938, der Annexion der Sudetengebiete an das Deutsche Reich nach dem Münchener Abkommen im September des selben Jahres und den Anfangserfolgen des begonnenen Zweiten Weltkriegs seit September 1939. Das Grundnetz der Reichsautobahnen, in den ersten Veröffentlichungen noch ca. 7000 Kilometer umfassend, wurde ständig erweitert und sollte künftig über 12000 km betragen. Ein 1941 erschienenes Nachschlagewerk nannte nunmehr folgende Hauptlinien: [0-4]
 
5 Nord-Süd-Verbindungen

  • Lübeck - Hamburg - Köln
  • Hamburg - Karlsruhe - Basel
  • Königsberg - Danzig - Berlin - Leipzig - Nürnberg - München - Brenner
  • Danzig - Thorn - Posen - Breslau - Brünn - Wien - Graz
  • Stettin - Berlin - Dresden - Prag - Budweis - Linz und Wien

3 West-Ost-Verbindungen

  • Aachen - Köln - Hannover - Berlin - Frankfurt a.d.O. - Thorn - Deutsch-Eulau - Insterburg
  • Frankfurt a.M. - Eisenach - Dresden - Breslau
  • Saarbrücken - Nürnberg - Pilsen - Prag - Breslau

3 Schrägverbindungen

  • Hamburg - Berlin - Breslau - Gleiwitz
  • Köln Frankfurt a.M.--Nürnberg-Regensburg-Linz-Wien
  • Karlsruhe - Stuuttgart - München - Salzburg - Wien

Naumburg / Schwanebeck, 2022
H. Schneider / W. Buhl


Gliederung des Beitrags: