ARCHIV FÜR AUTOBAHN- UND STRASSENGESCHICHTE

Asphalt, Beton & Stein | Strecken

B 19 — Ortsumfahrungen auf alter Autobahntrasse

Die Bundesstraße 19 führt von Eisenach über Würzburg bis Ulm und durchquert dabei die Bundesländer Thüringen und Bayern. Nachdem die Fernstraße die in engen Windungen verlaufende Drachenschlucht südlich von Eisenach passiert hat, öffnet sich die Landschaft zu einem durch leicht wellige Hügel gekennzeichneten Gebiet, das Möglichkeiten zur Bildung mehrerer Fahrspuren des Verkehrsweges bietet. Im Bereich zwischen der Ortslage Wilhelmstal und Niederschmalkalden sollte auch die geplante und teilweise bereits im Bau befindliche Strecke 85, beginnend bei Wutha-Farnroda der Strecke Hermsdorfer Kreuz – Eisenach, nach Bamberg verlaufen. Noch heute kann das geübte Auge nicht nur Teile unvollendet gebliebener Hochbauten wie Brückenwiderlager und -pfeiler sehen, sondern auch Trassenteile und seitliche Erdwälle der Strecke ausmachen.

Um dem seit 1990 enorm gestiegenen Verkehrsaufkommen zwischen Nordthüringen über Eisenach nach Südthüringen und Bayern Rechnung zu tragen und die teilweise schmalen, aber sehr langgezogenen, entlang der Verkehrswege verlaufenden Siedlungsgebiete vom Durchgangsverkehr zu entlasten, wurde der Bau mehrerer Ortsumfahrungen im Zuge der B19 beschlossen und bereits teilweise realisiert, wobei noch aus der Zeit des Baues der Strecke 85 Vorhandenes nach Möglichkeit genutzt wird. Erstes Vorhaben war ab 2009 der Bau der Ortsumgehung Waldfisch, ab 2010 jener von Gumpelstadt. Mit der Verkehrsfreigabe am 1. September 2011 war das Projekt "OU Waldfisch / Gumpelstadt" abgeschlossen. Die Länge der gebauten Strecke beträgt 3,82 km. Zusätzlich waren noch 1,2 km für die Anschlüsse und 2,1 km für die Umverlegung von Wirtschaftswegen zu bauen. Eine Fahrbahnbreite von 8,0 m (RQ 10,5 mit verbreiterten Randstreifen) wurde für die Trasse als ausreichend angesehen. 6 Brücken ermöglichen das niveaufreie Kreuzen der Strecke bzw. die Anbindung der Zufahrtsstraßen.

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BW00: Überführung der Ortsverbindungsstraße Barchfeld – Bad Liebenstein mit Anschluss an die B19.
Blick von der Tankstelle Liebensteiner Straße Richtung WSW nach Barchfeld.

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Das bereits vor ca. 75 Jahren Geschaffene erweist sich heute noch als solide und nutzungsfähig.
BW08: Unterführung des Meimerser Wegs unter der Trasse der jetzigen B19.
Westseite der Brücke, die Auffahrten führen in südliche Rampen auf die Bundesstraße.

Dort, wo die Trasse der ehemaligen Strecke 85 verläuft, wird sie für den Ausbau der B19 genutzt. Zusammen mit dem Planum der ehemaligen Strecke können gleichfalls die bereits gebauten Widerlager an den zu überquerenden Landstraßen und Wasserläufen, rund 75 Jahre nach ihrer Errichtung, fertiggestellt werden und ihre Nutzung erfahren.

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Blick aus dem fahrenden PKW über die ehemals als Strecke 85 im Bau befindliche Reichsautobahntrasse,
die heute für die Ortsumfahrungen der B19 genutzt wird.

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Auffahrt von der Ortschaft Breitungen auf die Ortsumfahrung.

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Die Widerlager der Brücke verraten in Gestalt und Gestaltung die Zeit des Bauens an der Strecke 85.

Ein unfallträchtiger Punkt im Verlauf der B19 ist der Abstieg in das Tal der Werra bei Niederschmalkalden. Das Schmalkaldetal sollte an seinem Ende mit einer großen Brücke überquert werden und die Strecke 85 in das Werratal führen. Das nördliche Widerlager war bereits beim Bau der RAB fertiggestellt worden und hat die Jahre seitdem ohne größere Schäden überstanden. Noch muss jedoch die B19 zwischen Wernshausen und Niederschmalkalden den insbesondere in den Wintermonaten gefährlichen Talabstieg nehmen, doch wird sie mit Fertigstellung der Talüberbrückung weiter auf der Trasse der Strecke 85 und somit auch durch dieses unvollendete Überführungsbauwerk verlaufen.

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Widerlager und Mittelpfeiler der Brücke für die R19 über die Strecke 85.
Nach Fertigstellung der Überbrückung des Schmalkaldetales erfolgt auch die Fertigstellung und Nutzung dieser Brücke.

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Das Teilstück der B19 zwischen Fambach und Niederschmalkalden wird dann zur Ortsverbindungsstraße herabgestuft und die B19 (neu) auf der vollendeten Brücke überqueren.

Das nördliche Widerlager der ehemals geplanten Brücke über das Schmalkaldetal. Jahrezehntelang in einem "Dornröschenschlaf" versunken, wird es für die Brücke der B19 ertüchtigt. Die offizielle Grundsteinlegung fand am 23. Juni 2010 statt.

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Die Brücke nutzt den Teil der Auflagerbank für die Richtungsfahrbahn Eisenach der Strecke 85.

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630 m spannt sich die Brücke bis zur südlichen Erhebung. Der jetzt noch sehr starke Lärmpegel des fließenden Verkehrs nach Wasungen/Meiningen und Schmalkalden/Ilmenau wird wegen der Höhe der Brücke über Grund bald Vergangenheit sein.

Am Ende der Brücke wird ein Kreisverkehr die von sehr starkem Verkehr belastete Landstraße 1026 niveaufrei an die neue B19 anschließen. Jetzt noch im Tal durch die Ortslagen Niederschmalkalden, Mittelschmalkalden und Haindorf verlaufend, wird die L1026neu nach Fertigstellung als Ortsumgehung (geplant für den Sommer 2014) die bebauten Gebiete meiden und erst am Gewerbegebiet Schmalkalden per Kreisverkehr an die dann "alte" L1026 angebunden.

Text und Fotos: H. Schneider, Naumburg (Saale) 11/2012